Chefarzt MühldorfDr. med. Wolfgang Richter

Standort Mühldorf

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Die Nebenschilddrüse

Anatomie und Funktion
Die Nebenschilddrüse (Glandula parathyreoidea) besteht aus zwei bis vier etwa linsengroßen Drüsenkörperchen, die an der Rückfläche der Schilddrüse liegen. Man nennt sie auch Epithelkörperchen. Die Lage dieser Epithelkörperchen kann sehr variabel sein. In seltenen Fällen sind sie vor der Halswirbelsäule, aber auch im oberen Brustkorb (Mediastinum) zu finden. Die Epithelkörperchen werden von kleinsten Gefäßen (Kapillaren) mit Blut versorgt. Sie produzieren das Parathormon (PTH), ein entscheidendes Hormon für die Regulation des Calcium-, Phosphat- und Knochenstoffwechsels.

Erkrankungen der Nebenschilddrüsen
Es wird unterschieden zwischen:

  • einer Überfunktion (Hyperparathyreoidismus)
  • einer Unterfunktion (Hypoparathyreoidismus)
    der Nebenschilddrüse.

Weitere Informationen zur Nebenschilddrüse

Überfunktion der Nebenschilddrüse

Vermehrtes Wachstum oder Funktionssteigerung von einzelnen Nebenschilddrüsen (Adenomen) oder aller Nebenschilddrüsen (Hyperplasie) kann zu einer vermehrten Produktion von Parathormon führen. Liegt die Ursache in der Nebenschilddrüse selbst, spricht man von einem primären Hyperparathyreoidismus. Dies hat eine erhöhte Calciumkonzentration im Blut zur Folge, die im Wesentlichen auf einen verstärkten Knochenabbau und auf eine vermehrte Calciumaufnahme aus der Nahrung zurückzuführen ist. Die Nebenschilddrüsen können aber auch durch andere Stoffwechselstörungen zu einer Funktionssteigerung veranlasst werden. Häufig sind Patientinnen und Patienten betroffen, die aufgrund einer Nierenschädigung eine Dialyse benötigen. Hier spricht man von einem sekundären Hyperparathyreoidismus, weil die Ursache der Erkrankung außerhalb der Nebenschilddrüsen liegt.

Die Symptome des Hyperparathyreoidismus können vielfältig sein. Von psychischen Veränderungen, Magen-Darm-Beschwerden, Kalkablagerungen in den Nieren und anderen Geweben, über Entzündungen, Knochenschwund und vielem mehr können die Beschwerden bis zu komatösen Zuständen führen.

Diagnostik

  • Untersuchung der Calciumkonzentration im Blut (Calcium erhöht)
  • Untersuchung der Parathormonkonzentration im Blut (PTH erhöht)
  • Untersuchung der Calcium- und Phosphatkonzentration im 24-Stunden-Urin (beides erhöht)
  • Ultraschalluntersuchung des Halses, um vergrößerte Drüsen zu entdecken
  • Nuklearmedizinische Untersuchung des Halses (Sestamibi-Szintigraphie)

Konservative Behandlung

Liegt die Ursache der Überfunktion außerhalb der Nebenschilddrüse (sekundärer Hyperparathyreoidismus), sollte eine konservative Therapie angestrebt werden. Hier sollten die vorhandenen Stoffwechselstörungen medikamentös optimal eingestellt werden. Meist sind Dialysepatienten betroffen. Es stehen inzwischen auch Medikamente zur Verfügung, die die Wirkung des zu hohen Parathormons abmildern können. Ist dies nicht ausreichend möglich, steht die Operation zur Verfügung.

Unterfunktion der Nebenschilddrüse

Eine Unterfunktion der Nebenschilddrüsen kann sehr selten aus innerer Ursache auftreten. Dies ist der Fall, wenn die Nebenschilddrüsen von Geburt an nicht regelrecht angelegt werden. Auch Autoimmunerkrankungen können die Nebenschilddrüsen schädigen. Dabei gibt es noch eine Reihe von äußerst seltenen Ursachen. Der häufigste Grund für das Auftreten eines Hypoparathyreoidismus ist eine Schädigung der Nebenschilddrüse im Rahmen einer Schilddrüsenoperation. Die Ursache liegt entweder in der Entfernung von nicht als solchen erkannten Nebenschilddrüsen oder in einer Mangeldurchblutung der vorhandenen Nebenschilddrüsen durch Schädigung der Gefäßversorgung.

Erstes Symptom kann Kribbeln an Händen, Füßen und am Mund sein. Dies kann sich steigern bis hin zu generalisierten Krampfanfällen. Unbehandelt kann das zu schwerwiegenden Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel, auf den gesamten Bewegungsapparat, aber auch auf das zentrale Nervensystem führen. Treten solche Symptome nach einer Schilddrüsenoperation auf, muss umgehend der Calciummangel ausgeglichen werden.

In den allermeisten Fällen normalisiert sich der Calciumstoffwechsel aber innerhalb der ersten Wochen nach einer Operation. Es gilt aber alles zu unternehmen, um diese Komplikation nach einer Schilddrüsenoperation zu vermeiden.

Diagnostik

Blutuntersuchung auf:

  • Calcium gesamt, Calcium ionisiert (erniedrigt)
  • Phosphat (erhöht)
  • Magnesium
  • Parathormon (erniedrigt oder nicht nachweisbar)
  • Vitamin-D-Abnahme

Zusätzliche Untersuchungen:

  • 24-Stunden-Sammelurin auf Calcium = unter 50 mg
  • EKG

Behandlung

  • Regelmäßige Gabe von Calcium und Vitamin-D-Präparaten
  • Bei einem tetanischen (krampfartigen) Anfall: Calciumgabe über die Vene

Unterfunktion der Nebenschilddrüse nach Schilddrüsenoperationen

In der Summe führen die untenstehenden Maßnahmen zu einer sehr geringen Rate an bleibenden Calcium-Mangelzuständen (Hypoparathyreoidismus). In den Tagen und Wochen nach Schilddrüsenoperationen tritt dieses Phänomen aber in zirka 20 % der Fälle auf. In der Regel normalisiert sich aber der zugrunde liegende Mangel an Parathormon spontan. Die Gabe von Calcium und Vitamin-D-Präparaten ist somit nur vorübergehend erforderlich.

Strategische Maßnahmen zur Vermeidung einer postoperativen Nebenschilddrüsenunterfunktion

  • Subtile Lokalisation, Darstellung und Schonung aller vier Nebenschilddrüsen
  • Bei schwierigen anatomischen Verhältnissen erleichtert eine Lupenbrille die Identifikation der Nebenschilddrüsen und die Schonung der Durchblutung.
  • Für die schonende und bluttrockene Präparation verwenden wir eine bestimmte Form der elektrischen Gefäßversiegelung.
  • Ist während der Operation eine Durchblutungsstörung eines Epithelkörperchens zu erkennen, wird dieses komplett entnommen. Anschließend wird es zerkleinert und in die schräge Halsmuskulatur eingesetzt. Dadurch können die Drüsenteilchen durch das umgebende Muskelgewebe mit Nährstoffen versorgt werden und nach Einheilung ihre Hormonproduktion wieder aufnehmen (Autologe Replantation).

Nebenschilddrüsenoperation - Ablauf

Vor allem bei den Krankheitsbildern des primären Hyperparathyreoidismus stellt die operative Entfernung der erkrankten Nebenschilddrüsen die Behandlung der Wahl dar. Dies gilt in erster Linie für gutartige Adenome und für die sehr seltenen bösartigen Karzinome der Nebenschilddrüse.

Nach vorheriger Lokalisationsdiagnostik kann das erkrankte Gewebe in der Regel über sehr kleine Schnitte entfernt werden. Entscheidend für den Erfolg der Operation ist die Erfahrung des Operateurs in der Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenchirurgie. Um den Effekt des Eingriffs schon während der Operation zu überprüfen, wird die Konzentration des Parathormons im Blut gemessen. Nach Entfernung des erkrankten Gewebes sinkt die Blutkonzentration des Parathormons innerhalb weniger Minuten. Aufgrund der engen anatomischen Beziehung zwischen den Epithelkörperchen und dem Stimmbandnerv (Nervus recurrens) kommt selbstverständlich auch das intraoperative Neuromonitoring (Elektrostimulation der Stimmbandnerven) zum Einsatz, um hier höchstmögliche Sicherheit für Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Auch die Verwendung von Lupenbrillen während der Operation dient diesem Zweck.