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Infos aus den Kliniken

Warum Sie Ihren Cholesterinwert kennen sollten

Interview mit unserem Oberarzt der Kardiologie und Lipidologe, Dr. Michael Brand, anlässlich des Tags des Cholesterins (24.06.2022).

Herr Dr. Brand, was ist Cholesterin und wofür braucht es unser Körper?
Cholesterin ist ein fettähnlicher Stoff, ohne den wir nicht leben können. Lipide, also Fette, sind ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran, also der Hülle, die alle Körperzellen umgibt. Außerdem ist Cholesterin unverzichtbar für viele Stoffwechselprozesse.

Im Volksmund spricht man oft von „gutem“ und „schlechtem“ Cholesterin. Was ist der Unterschied?
Da Fette im wässrigen Blut nicht löslich sind, verpackt sie unser Körper in Eiweißhüllen und bildet daraus sogenannte Lipoproteine. Beim Cholesterin werden unter anderem das Low-Density-Lipoprotein (LDL) und High- Density-Lipoprotein (HDL) unterschieden: Das HDL ist als "gutes" Cholesterin bekannt. Es transportiert Cholesterin aus den Organen und Gefäßwänden zur Leber, wo es abgebaut wird. Das LDL, das „schlechte“ Cholesterin, transportiert das Cholesterin hingegen zu den Organen. Die Vorstellung vom HDL als wirksamer Gegenspieler zum „bösen“ LDL-Cholesterin ist jedoch überholt, man kann „schlechtes“ Cholesterin also nicht mit „gutem“ kompensieren. Mit Blick auf Gefäßerkrankungen kommt dem LDL eine zentrale Bedeutung zu:
Je niedriger das LDL-Cholesterin, desto niedriger ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Warum ist zu viel Cholesterin schlecht für unseren Körper?
Sind die LDL-Werte zu hoch, lagert sich immer mehr Cholesterin in den Blutgefäßwänden ab, es entstehen Ablagerungen, sogenannte Plaques. Diese verengen die Gefäße und können sie irgendwann komplett verschließen. Zudem begünstigen Plaques über Entzündungsreaktionen und kleine Verletzungen, dass die Gefäßwände beschädigt und zunehmend starrer und spröder werden. Damit wächst die Gefahr, dass Ablagerungen/Plaques einreißen und sich gefährliche Blutgerinnsel bilden, die dann ein ohnehin verengtes Gefäß ganz verstopfen können. Auf diese Weise entstehen meist Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Gibt es Signale, an denen man einen hohen LDL-Cholesterinwert erkennen kann?
Leider nein. Ähnlich wie beim Bluthochdruck bemerkt man hohe Cholesterinwerte nicht. Häufig werden sie erst erkannt, wenn bereits etwas passiert ist, zum Beispiel ein Herzinfarkt. Das frühe Erkennen und entschiedene Gegensteuern sind daher wesentlich, um Gefäßschäden und ihre Folgen gar nicht erst entstehen zu lassen. Mittlerweile geht man sogar soweit zu sagen, dass es ohne LDL-Cholesterin keine Arteriosklerose, also keine Gefäßverkalkung, geben würde.

Eier gelten als Cholesterinbombe. Sollte man auf das Frühstücksei zugunsten der Gesundheit verzichten?
Das Frühstücksei steht immer wieder am Pranger, denn Eier sind besonders reich an Cholesterin. Allerdings nehmen wir nur einen kleineren Teil der Cholesterine über die Nahrung auf, den Großteil stellt der Körper selbst her. Wer sich also am Wochenende ein Frühstücksei gönnt, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben. Viel wichtiger ist es, sich insgesamt gesund zu ernähren. Der Cholesterinspiegel wird weniger durch den Cholesteringehalt eines einzelnen Nahrungsmittels beeinflusst, sondern durch die Art und Menge der insgesamt verzehrten Nahrungsfette.

Kann man die eigenen Cholesterinwerte abseits der Ernährung positiv beeinflussen und damit das eigene Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken?
Ja, hier gibt es gleich mehrere Faktoren, die man selbst in der Hand hat, denn die Ernährung ist nur ein Baustein. Um das eigene Risiko entscheidend zu senken, sind auch die körperliche Aktivität, das Nichtrauchen, ein normales Körpergewicht und das frühzeitige Erkennen und Behandeln von vererbten Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und Bluthochdruck wichtig.

Worauf sollten Menschen achten, die zum Beispiel schon einen Herzinfarkt hatten?
Neben den angesprochenen Lebensstiländerungen ist für viele unserer Patientinnen und Patienten eine medikamentöse Therapie mit Lipidsenkern entscheidend. Damit kann nach einem Herzinfarkt die Gefahr für einen erneuten Infarkt um 25 - 30 % pro Jahr gesenkt werden. Aber auch für Menschen mit erhöhtem Risiko für Herzkreislauferkrankungen, zum Beispiel mit hohem Blutdruck, Diabetes oder Nierenschwäche, sind meist Medikamente nötig. Fest steht: Je stärker die LDL-Cholesterinsenkung klappt, desto niedriger ist das Risiko eines Herzinfarktes. Deshalb gibt es auch strenge Zielwerte, mit denen meiner Erfahrung nach noch etwas zu locker umgegangen wird. Dabei macht es einen deutlichen Unterschied, ob nach einem Herzinfarkt das LDL auf 95 mg/dl oder - wie empfohlen – auf unter 55 mg/dl gesenkt wird.

Wie oft sollte man seine Cholesterinwerte denn checken?
Beim allgemeinen Gesundheits-Check zwischen 18 und 34 Jahren werden einmalig die Cholesterine bestimmt. Ab 35 Jahren sollte dies alle drei Jahre erfolgen. Das ist aber nur ein Anhaltspunkt, denn bei vielen Fettstoffwechselstörungen spielt Vererbung eine große Rolle. Haben direkte Angehörige in jüngeren Jahren – Männer unter 55, Frauen unter 60 – einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten oder hohe Cholesterinwerte, kann eine erbliche Belastung vorliegen. Dann sollte in jedem Fall eine frühzeitigere und engmaschigere Messung erfolgen. Bei Personen, die bereits Lipidsenker einnehmen, wird der Wert häufiger kontrolliert, hier ist der behandelnde Arzt die beste Ansprechperson.

Für alle Eltern: Aktuell gibt es ein sehr spannendes Projekt, die Vroni-Studie. Hier wird bei Kindern im Alter zwischen 5 und 14 Jahren mit wenigen Tropfen Blut nach einer familiären Hypercholesterinämie (FH) gesucht. Bei dieser Krankheit kommt es zu einem Anstieg des Cholesterins im Blut, sie wird vererbt. Das Screening beim Kinder- und Jugendarzt ist in teilnehmenden Praxen kostenlos. (Mehr Infos unter: www.myvroni.de)

7 Tipps gegen hohe Cholesterinwerte

  • regelmäßige Bewegung (wenigstens 5-mal pro Woche 30 Minuten; idealerweise Ausdauersport)

  • Rauchen beenden

  • normales Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren

  • viel Gemüse (auch als Rohkost), ballaststoffreiches Obst (z. B. Äpfel)

  • Vollkornprodukte

  • wenig gesättigte Fettsäuren und Trans-Fettsäuren (z. B. wenig Fett aus Fleisch, Wurst und Käse und

    Frittiertes), dafür pflanzliche Öle bevorzugen

  • Ein bis zwei Portionen fettreicher Fisch pro Woche (Makrele, Hering, Lachs, Sardine)

Foto: Magdalena Jung-Plank